Starker Auftritt in Wedau macht Lust auf mehr
Drei Tage, zwei tolle Spiele, ein Sieg und eine Menge Selbstvertrauen. So lässt sich die Deutsche Futsalmeisterschaft in Duisburg aus Sicht der TSG 1846 Mainz Futsal zusammenfassen. Oder um es in den Worten von Spielertrainer Christian Wölfelschneider zu sagen: „Ich bin megastolz auf das Team und den Spirit, den wir hier drei Tage lang hatten. Das stimmt uns alle sehr optimistisch für den Bundesliga-Start im September.“
Aber der Reihe nach. Start des dreitätigen Erlebnisses war am Donnerstagnachmittag die Fahrt nach Duisburg, die das Team dank der großzügigen Unterstützung des Autohauses Günther und Schmitt aus Flörsheim in zwei Kleinbussen antreten konnte. Nach (negativen) Corona-Tests und erstem Taktik-Meeting folgte das erste Highlight. Direkt am Ufer des Margaretensee stimmte sich das Team bei einem abendlichen Picknick und bester Stimmung sowie gute Musik auf das Turnier ein. Ein besonderer Dank gilt hierbei der Brezelbäckerei Ditsch, die der Mannschaft 50 Brezeln zur Verfügung gestellt hat.
Viertelfinale gegen den FC Penzberg
Den ersten Auftritt hatten die Mainzer Futsaler am nächsten Tag um 11 Uhr, Gegner im Viertelfinale war der FC Penzberg, dem in der Vorrunde ein deutlicher 8:1-Sieg gegen Spartak Mannheim gelungen war. „Wenn wir im Viertelfinale einen machbaren Gegner zugelost bekommen, traue ich uns das Halbfinale zu“, hatte Christian Wölfelschneider einige Wochen vor Turnierstart gesagt. Nachdem klar war, auf wen sie treffen würden, war sich Führungsspieler und Co-Trainer Marcus Nungesser sicher: „Das Halbfinale ist auf jeden Fall drin.“
Die TSG begann das Spiel sehr druckvoll. Nach weniger als einer Minute war sie schon zu zwei guten Chancen gekommen, Jonathan Trost und Martin Rode aber scheiterten jeweils knapp. Auch im Anschluss blieb die TSG das klar stärkere Team, dominierte Ball und Gegner, um sich dann innerhalb von drei Minuten mit zwei Toren zu belohnen. Beide Male hieß der Torschütze Sladjenko Jankovic, der zuerst mit dem linken (6.) und danach mit dem rechten Fuß (9.) jeweils aus halbrechter Position traf.
„Schon vor dem Spiel hatte ich ein ganz anderes Gefühl als noch bei den letzten Teilnahmen“, zeigte sich Kapitän Timo Ernst nicht überrascht über den guten Auftakt seines Teams. „Noch nie hatten wir eine so hohe Konzentration und so wenige Fehler beim Aufwärmen.“ Überrascht sei er hingegen von der Passivität der Penzberger gewesen, die gerade zu Beginn einen überforderten Eindruck machten.
Wölfelschneider bereitet für Teodonno vor
Nach den ersten zehn sehr temporeichen Minuten beruhigten die Mainzer das Spiel etwas. Sie hatten zwar weiterhin deutlich mehr Ballbesitz, kamen aber zu weniger Torchancen; die Pass- und Stockfehler mehrten sich. Echte Gefahr für das von Wölfelschneider gehütete Tor kam dennoch nur sehr selten auf. Stattdessen fing der Keeper drei Minuten vor Schluss der ersten Hälfte eine Hereingabe ab und leitete per Abwurf sofort auf Francesco Teodonno weiter.
Der 23-jährige bestrafte die nicht vorhandene Absicherung des FC Penzberg und traf zum 3:0. Eine Minute später setzte er einen Zehnmeter die Latte; kurz darauf vereitelte Wölfelschneider die beste Torchance des FC mit einem tollen Reflex. Die Pausenführung war auch in der Höhe verdient.
Wie die erste, begann die TSG auch die zweite Halbzeit mit viel Tempo und Zug zum Tor. Nach genau 49 traf Kapitän Timo Ernst zum 4:0; vorausgegangen war ein toller Diagonalball von Jankovic. Insgesamt aber konnten die Mainzer das hohe Niveau aus den ersten 20 Minuten jedoch nicht bestätigen.
Vierminütige Schwächephase
„Die Konzentration im Futsal über 40 Spielminuten permanent hochzuhalten, ist eine riesige mentale Herausforderung“, betonte Wölfelschneider. „Dass du dann beim Stand von 4:0 eine kleine Schwächephase hast, ist ganz normal“. Diese begann etwa 13 Minuten vor Schluss mit dem 1:4-Gegentreffer und endete mit dem Tor der TSG zum 5:2 vier Minuten später. Zwischendrin hatte Akif Abasikeles per Freistoß auf 4:2 verkürzt.
Den fünften Mainzer Treffer erzielte Emil von Werthern, der erst Sekunden vorher zum ersten Mal aufs Feld gekommen war. „Zu diesem Zeitpunkt einen Spieler zu bringen, der immer rennt und richtig Bock hat, war Gold wert und ein echter Gamechanger“, sagte Ernst nach dem Spiel.
„Im Team angekommen“
Nach diesem Treffer passierte nicht mehr viel. Auch als die Penzberger vier Minuten vor Schluss den Keeper aus dem Tor nahmen, um Überzahl zu schaffen, blieb eine heiße Schlussphase aus. Die Mainzer dominierten, ließen kaum etwas zu und erzielten 90 Sekunden vor Ende das 6:2 – Sladjenko Jankovic krönte seine Leistung mit einem dritten Treffer. Über den ehemaligen bosnischen U-21-Nationalspieler, der seit 2019 mit Unterbrechung in Mainz spielt, sagt sein Trainer: „Man hat immer gesehen, was er kann, aber jetzt ist er auch im Team richtig angekommen, und man sieht, wie gut das seinem Spiel tut.“
Das vom Trainerteam vorgegebene Ziel des Halbfinaleinzugs hatte die TSG mit dem überzeugenden Sieg erreicht. „Es war unser Anspruch, zu beweisen, dass wir nicht mehr dieser krasse Außenseiter der vergangenen Jahre sind, sondern eine Chance aufs Weiterkommen zu haben und auch so aufzutreten“, sagte Wölfelschneider. Das war den Mainzern gegen Penzberg gelungen, jetzt wartete im Halbfinale der Turnierfavorit TSV Weilimdorf. Der Meister von 2019 hatte sich in ihrem Viertelfinale gegen die Fortuna aus Düsseldorf mit 4:2 durchgesetzt.
Spielen, um zu gewinnen
Trotz der klar verteilten Favoritenrolle betonte Kapitän Timo Ernst vor dem Spiel: „Wenn wir’s schaffen, die Einstellung aus dem Viertelfinale in das Spiel gegen Weilimdorf zu bringen und immer wieder deren Torchancen im Keim ersticken, dann haben wir eine Chance“, glaubt Timo Ernst. „Wir gehen in dieses Spiel, um es zu gewinnen.“ Was folgte, war eine tolle Leistung, die aber leider nicht zum Finaleinzug reichte. Letztendlich verloren die Mainzer mit 2:4 (1:1).
„Es ist ärgerlich“, sagte Spielertrainer Christian Wölfelschneider. „Wenn du als Sportler im Halbfinale stehst und das Finale vor Augen hast, ist so eine Niederlage immer bitter.“ Bitter vor allem deswegen, weil die TSG keineswegs chancenlos war. Die meiste Zeit bewegte sie sich sogar auf Augenhöhe mit den Stuttgartern, deren Kader mit zahlreichen Vollprofis und Nationalspielern ausgestattet ist.
Maro Duras nicht in den Griff bekommen
Einer von ihnen machte den Unterschied aus. Maro Duras, kroatischer Nationalspieler und Pivot, erzielte die entscheidenden Tore zum 2:3 (27.) und 2:4 (35.). „Das ist eine brutale Qualität“, befand Wölfelschneider. Immer wieder wurde der 27-jährige mit dem Rücken zum Tor angespielt, drehte sich um den Gegenspieler und kam zu gefährlichen Abschlüssen. „Bei Arjen Robben im Fußball weißt du auch, was er vorhat und trotzdem schießt er seine Tore“, wollte Torspieler Wölfelschneider seinen Vorderleuten keinen Vorwurf machen, dass sie den Kroaten nicht in den Griff bekamen.
Den beiden Treffern vorausgegangen war ein vor allem in der ersten Hälfte erneut sehr starker Auftritt, in dem die Favoriten aus Weilimdorf überrascht wirkten ob der spielerischen Qualität der Mainzer. Dabei verpasste die TSG einen perfekten Start in die Partie, als Francesco Teodonno in der zweiten Minute einen Sechsmeter an den Pfosten setzte. Stattdessen fälschte Lukas Manneck kurz darauf eine schnell ausgeführte Ecke der Weilimdorfer unglücklich ab und überraschte damit Wölfeldschneider, der das 0:1 nicht mehr verhindern konnte (4.).
Bescheuertes Gegentor
„Du gehst als Underdog in die Partie, verschießt früh einen Sechsmeter und gerätst kurz danach durch so ein dummes abgefälschtes Eckballding in Rückstand“, fasste Wölfelschneider die Anfangsphase zusammen. „Bescheuerter kannst du gar kein Gegentor kriegen in so einem Spiel.“
Umso beeindruckender, wie sich sein Team nach dem Rückstand präsentierte und zwischen der siebten und zehnten Spielminute zu gleich drei guten Ausgleichschancen kam. Erst verstolperte Timo Ernst eine vielversprechende Drei-gegen-Eins Situation, dann hielt der deutsche Nationalkeeper Philipp Pless zweimal herausragend – erst gegen Jonathan Trost und dann gegen Meikel Melament.
Remis bis zur Pause gehalten
Sieben Minuten vor Ende der ersten Halbzeit erzielte Kapitän Timo Ernst dann endlich den verdienten Ausgleich. Ein Stück weit revanchierte er sich für das „dumme abgefälschte Eckball-Ding“ der Weilimdorfer, bloß dass es bei ihm ein abgefälschter Einkick war, der den Weg ins Tor fand. Anschließend machte sich aber die bis dahin sehr intensive Spielweise der Mainzer bemerkbar und Weilimdorf übernahm immer mehr die Kontrolle. Gefährlich wurden sie vor allem über Pivot Maro Duras, der in der 15. Spielminute nach toller Einzelleistung an Christian Wölfelschneider scheiterte. Auch dank einer clever getimten Timeout drei Minuten vor Schluss konnte die TSG das Remis aber bis zur Pause halten.
Die zweite Hälfte begann dann mit dem nächsten Rückschlag für den Außenseiter. Wieder war der Ausgangspunkt eine Weilimdorfer Ecke, auf die billardartige Szenen im Mainzer Strafraum folgten. Am Ende war es Ivan Ivankovic, der das Glück hatte, den Ball plötzlich vor den Füßen zu haben und zur erneuten Führung für den TSV traf (23.).
Manneck verwandelt Sechsmeter
„Auch nach dem 1:2 sofort wieder zurückzukommen, ist eine mentale Leistung, die keiner unterschätzen darf“, zeigte sich der Mainzer Spielertrainer über die sofortige Antwort seines Teams beeindruckt; gerade einmal 24 Sekunden später bekamen die Mainzer erneut einen Sechsmeter zugesprochen. Der gefoulte Lukas Manneck traf selbst an und verwandelte sicher zum Ausgleich.
Dann aber belohnte sich Maro Duras endlich für seine überragende Leistung und erzielte die beiden Treffer zum Sieg (27., 35.). Hinzu kam, dass die TSG bereits neun Minuten vor Schluss ihr fünftes Foul beging, woraufhin jedes weitere Foul mit einem Zehnmeter bestraft wurde. Zwar konnte Wölfelschneider die beide fälligen Strafstöße parieren und die Mainzer ließen sonst nicht mehr viel zu, gerade offensiv kam aber spätestens nach dem vierten Gegentreffer zu wenig.
„Man hat gesehen, dass sie sowohl in der Breite als auch in der Spitze besser aufgestellt sind als wir“, erkannte Christian Wölfelschneider an. „Aber was wir bei diesem Turnier mit unseren Mitteln und Möglichkeiten geschafft haben, ist großartig und ich bin megastolz auf dieses Team“. Mit Recht – die TSG hat nicht nur ihre Bundesligatauglichkeit unter Beweis gestellt, sondern auch, dass sie mit den allerbesten Futsalern Deutschlands mithalten kann.
by David Kulessa
Photo by Neil Baynes/Getty Images for DFB