Am Boden zerstört

Das war’s wohl: Die Mainzer Bundesliga-Futsaler haben nach dem 4:7 (3:1) gegen den FC St. Pauli nur noch theoretische Chancen auf den Klassenerhalt. Spielertrainer Christian Wölfelschneider versucht gar nicht erst, seine Enttäuschung zu verbergen und gibt sich selbstkritisch.

Wenn es eine Konstante gab in dieser Saison der TSG 1846 Mainz, dann war es der manchmal grenzenlos erscheinende Optimismus. Selbst nach der punktlosen Bundesliga-Rückrunde und dem Gang in die Relegation wurde niemand im Team müde, den festen Glauben an eine zweite Saison in der höchsten Spielklasse zu betonen. Monatelang konnte man den Eindruck bekommen, wenn nur alle fest genug daran glauben und es oft genug aussprechen, dann werden die Ergebnisse folgen und der Klassenerhalt schon gelingen. Damit ist jetzt Schluss.

„Das ist die bitterste Niederlage meiner sportlichen Laufbahn“, sagte Spielertrainer Christian Wölfelschneider einen Tag nach dem 4:7 (3:1) im Heimspiel gegen den FC St. Pauli, das aller Voraussicht nach den Mainzer Abstieg in die Regionalliga besiegelt hat. Dass die Hamburger ihr Auswärtsspiel am kommenden Samstag beim noch punktlosen Futsal Nova Club verlieren, scheint unvorstellbar. Bereits ein Unentschieden würde für die TSG den sicheren Abstieg bedeuten.

„Schöne und tolle Kulisse“

Dabei hatte alles so gut angefangen. Vor rund 250 Zuschauerinnen und Zuschauern (Wölfelschneider: „eine richtig schöne und tolle Kulisse“) waren die 46er gut in das Spiel gestartet. Nach einer chancenarmen, aber von den Gastgebern dominierten Anfangsphase fand Wölfelschneider seinen Kapitän Timo Ernst mit einem langen Ball tief in der gegnerischen Hälfte. Der legte technisch anspruchsvoll quer auf Marcus Nungesser und der spielende Kotrainer verwandelte zum 1:0 in der neunten Minute. 

Anschließend führten zwei Freistöße von René Hook aus jeweils halbrechter Position zu den Treffern zum 2:0 und 3:0. Erst legte der österreichische Nationalspieler für Martin Rode auf, der mit einem direkten Abschluss aus rund zwölf Metern seinen vierten Treffer in der Relegation erzielte (11.), dann bekam Timo Ernst den Ball in ähnlicher Lage. Der 30-jährige nahm sich einen Kontakt zur Mitnahme und schloss dann ins lange Eck ab (15.).

St. Pauli wehrt sich mit körperlicher Härte

„Das war eine der stärksten Halbzeiten, die wir in dieser Saison gespielt haben“, lobte Wölfelschneider sein Team trotz dem Hamburger Treffer zum 1:3-Pausenstand in der 16. Minute. „Wir hatten den Gegner komplett unter Kontrolle.“ Der wehrte sich dann spätestens in der zweiten Hälfte vor allem mit körperlicher Härte. Meist an der Grenze des Erlaubten, oftmals auch darüber hinaus. „Wir haben uns durch diese aggressive Gangart völlig aus dem Konzept bringen lassen“, sagte Wölfelschneider, der sich von den Unparteiischen zwar hin und wieder ein konsequenteres Eingreifen gewünscht hätte, die Verantwortung für den Einbruch aber dennoch im eigenen Team verortete.

Dass die Gäste in der zweiten Halbzeit nicht nur harte Zweikampfe führten, sondern auch noch sechs Treffer bejubelten, hatten sie vor allem Hischem Metidji zu verdanken, der vier außergewöhnlich schöne Tore erzielte. Beim 3:2 in der 21. Minute nahm der 22-jährige mit einer einfachen Körpertäuschung Gegenspieler René Hook und Keeper Wölfelschneider aus der Aktion, um dann einzuschieben.

Metidji herausragend

Vier Minuten und ein Hamburger Eigentor (22.) später drehte sich Metidji mit dem Rücken zum Tor und dem Ball am Fuß an der Strafraumgrenze um die eigene Achse, ließ dabei Timo Ernst und Jonathan Trost schlecht aussehen und traf dann um 4:3. Beim Ausgleichstreffer zum 4:4 täuschte er vor dem tatsächlichen Abschluss eben jenen zweimal an, ließ damit erst Martin Rode und dann Christian Wölfelschneider aussteigen und schoss den Ball anschließend ins leere Tor.

Der wohl schönste Treffer aber war der zum vorentscheidenden 4:6 in der 38. Minute, als der Deutsch-Algerier aus rund sechs Metern per gefühlvollem Chip ins lange Eck traf. Dass zu diesem Zeitpunkt Timo Ernst als fünfter Feldspieler das Tor hütete, macht den Treffer kaum weniger beeindruckend. Für das 4:5 in der 29. Minute sowie das 4:7 in der 40. Minute sorgte Youssef Sbou.

Ratlosigkeit im Team und beim Trainer

„Es waren alle am Boden zerstört“, gab Christian Wölfelschneider den Eindruck wieder, den er nach Spielende von seinem Team hatte. „Keiner konnte sich erklären, wie wir das Spiel aus der Hand gegeben haben.“ Auch er selbst schien darauf rund 24 Stunden nach der Partie keine abschließende Antwort zu haben, betonte aber: „Ich als Trainer bin der Hauptverantwortliche.“ Die beiden trainingsfreien Tage wolle er nutzen, um sich selbstkritisch zu hinterfragen. Anschließend soll ein Gespräch mit der Mannschaft folgen.

Das wohl vorerst letzte Spiel als Futsal-Bundesligist werden die Mainzer in rund zwei Wochen bestreiten, dann empfangen sie den Futsal Nova Club in der heimischen Halle. Dass sie dann noch eine Chance auf den Klassenerhalt haben, glaubt niemand. So optimistisch sind sie nicht mal bei der TSG 1846 Mainz.

BOX SCORE

TSG Bretzenheim: Wölfelschneider, Rode, Tunc, Nungesser, Ernst, Peil, Staegemann, Derrou, von Werthern, Ishitsuka, Manneck, Hook

FC St. Pauli: Renner, M. Sbou, Subasic, Sarwari, Y. Sbou, Metidji, Nurestan, Knezeviv, Atai, Al Sader, Mohammadi, Düring

Tore: 1:0 Marcus Nungesser (9.), 2:0 Martin Rode (11.), 3:0 Timo Ernst (15.), 3:1 Idirs Atai (16.), 3:2 Hischem Metidji (21.), 4:2 Youssef Sbou (ET, 22.), 4:3 Metidji (23.), 4:4 Metidji (25.), 4:5 Sbou (27.), 4:6 Metidji (38.), Sbou (40.)

Gelb-Rot: Ilija Subasic (29.)

Schiedsrichter: Adrian Kokott

Zuschauerinnen: 250

by David Kulessa

Die Highlights zum Spiel gibts hier: